Heimat- und Museumsverein Zwenkau und Umgebung e.V.

Stadtgeschichte

 Stadtgeschichte - ein kurzer Abriss zur Geschichte Zwenkaus

Zwenkau ist einer der ältesten Orte Westsachsens, dessen Anfänge in der Zeit der Slawenbesiedlung zu suchen sind. Die Ersterwähnung der civitas zuenkouua erfolgte am 30.8.974 in einer Urkunde Kaiser Ottos II. .

Das Territorium des Burgwards spielte aber als Siedlungsplatz schon weitaus früher eine Rolle: Bodenfunde verweisen auf Besiedelungen, die bis ins 5. Jahrtausend v. Chr. zurückreichen.

Um das Jahr 1000 bestand der Ort vermutlich aus der Burg, einer slawischen Siedlung und einer Wallanlage auf dem weiter nördlich gelegenen „Berg“. Im Zusammenhang mit der Slawen-Missionierung dürfte eine kleine Kapelle im Vorburgbereich entstanden sein. Zu Beginn des 12. Jahrhunderts wurde „Zvencova“ als „urbs deserta“ (zerstörter Ort) bezeichnet. Ursache waren kriegerische Auseinandersetzungen des regionalen Adels. Die Merseburger Bischöfe unterstützten aber den Wiederaufbau und die Entstehung einer grundherrschaftlich-bäuerlichen, Kaufmanns- und Handwerkersiedlung. Zugleich suchten sie die Position des Marktes (verbrieftes Marktrecht 1195) an der von und nach Leipzig führenden Fernhandelsstraße zu stärken.

Das Jahr der Stadtrechtsverleihung ist nicht bekannt, wofür aber die Zeit um 1250 anzunehmen wäre.
Die weitere Entwicklung war von zahlreichen Rückschlägen (z.B. um 1430 infolge der Hussitenkriege, durch den sogenannten „Sächsischen Bruderkrieg“ und den 30-jährigen Krieg) gekennzeichnet. Auch mehrere Pest-Epidemien (vor allem in der Zeit um 1600) und große Hungersnöte hatten zeitweilig die Bevölkerung stark dezimiert. Feuersbrünste mit verheerenden Auswirkungen brachten die Stadt mehrmals an den Rand ihrer Existenz.

Einst Sommersitz Merseburger Bischöfe und vor 1650 selbst Amtssitz, versank Zwenkau schließlich in die relative Bedeutungslosigkeit eines kleinen Landstädtchens, während sich das nahe Leipzig, gefördert von den wettinischen Landesherren, allmählich zum führenden Wirtschafts-, Bildungs- und Kulturzentrum entwickelte. Größere ökonomische Bedeutung hatten lediglich die Scheitholz-Flößerei auf dem Batzschke- (Leipziger) Floßgraben und die Schwarzpulverherstellung in der 1622 konzessionierten Pulvermühle.

In städtebaulicher Hinsicht waren die Folgen der Katastrophe vom 12. Mai 1712, als durch Brandstiftung Zwenkaus Stadtkern binnen 1½ Stunden fast vollständig zum rauchenden Trümmerhaufen wurde, noch lange zu spüren. Nur drei Gebäude sollen damals unversehrt geblieben sein. Mit viel Mühe und Fleiß bauten die Zwenkauer dann ihre Stadt wieder auf.
Die eigentliche (innere) Stadt beanspruchte Jahrhunderte lang eine relativ kleine Fläche und wurde nur von wenigen Straßen (Ritterstraße, Markt, Brühl, Pfarrgasse, Pegauer Platz, Leipziger Straße) und ihren Randbebauungen eingefasst. Die Stadtmauer mit ihren Toren wurde um 1830 „geschliffen“. Neben der umfangreichen Feldflur gehörten noch zwei sogenannte „Vorstädte“ zum Territorium - die Vorstadt „Berg“ und die „Pegauer Amtsvorstadt“. Letztere unterstand nicht der Merseburger Administration, sondern dem kursächsischen Amt Pegau - eine gerichts- und verwaltungstechnische Besonderheit.

Infolge der drastischen Verkleinerung Sachsens nach 1815 geriet Zwenkau in die Lage einer Grenzstadt zur preußischen Provinz Sachsen. Die damals gezogene Grenzlinie lässt sich heute noch westlich der Weißen Elster nachverfolgen. 1838 erfuhr der Ort wieder eine gewisse Aufwertung durch die Etablierung eines Gerichtsamtes (später Amtsgericht).
Der allgemein in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts beginnende wirtschaftliche Aufschwung zeitigte in Zwenkau zunächst kaum Wirkungen. Die Stadtobrigkeit war nicht an der Industrialisierung interessiert und baute weiterhin auf kleinere Unternehmen, traditionellem Handwerk und Gewerbe.
1874 erfolgte mit der Bahnlinie Gaschwitz - Meuselwitz der Anschluss an das Eisenbahnnetz. Die davon ausgehenden Impulse wurden zunächst nur ansatzweise genutzt. So war die Bahn vor allem für die zahlreichen Ziegeleien von Nutzen und diente andererseits dazu, Zwenkauer Erwerbstätige an die peripheren Industriestandorte zu befördern. Nach 1880 entstanden dann eine größere Dampfbrauerei und eine Schuhfabrik.

Die in den 1890er Jahren am Ort einsetzende und 1906 jäh abgebrochene Braunkohlegewinnung „unter Tage“ bildete das „Vorspiel“ für den Aufschluss des Böhlen-Zwenkauer Tagebaus ab 1921. Mit der Kohleförderung begann die Aktiengesellschaft Sächsische Werke (ASW) 1924.

Kohlegewinnung und Karbochemie führten aufgrund des steigenden Bedarfs an Arbeitskräften auch zu einem spürbaren Bevölkerungszuwachs. Um ausreichend Wohnraum zu schaffen, wurden mehrere Siedlungsstandorte im Territorium erschlossen, wodurch sich Zwenkaus bebaute Fläche - insbesondere nach Norden und Nordosten - beträchtlich erweiterte. Zuwachs gab es aber auch durch die Orte Kotzschbar und Imnitz, welche sich 1929 (nicht ganz konfliktlos) nach Zwenkau eingemeinden ließen.

Im Verlauf von fast 80 Jahren ist Zwenkau vom Tagebau nahezu „umfahren“ worden. Bis zum Ende der Förderung 1999 wurden insgesamt 580 Millionen Tonnen Braunkohle abgebaut.

Während des 2. Weltkrieges war neben den Böhlener Werksanlagen auch Zwenkaus Stadtgebiet mehrfach Ziel alliierter Bomber und amerikanischer Artillerie. Die Folgen: zahlreiche Todesopfer und zerstörte Gebäude. In den Apriltagen 1945 konnte Zwenkau nur durch das couragierte Eingreifen zweier Bürger (des Pfarrers Knorr und des Krankenhausdirektors Dr. Wortmann) vor der völligen Vernichtung durch die von Süden herannahenden amerikanischen Truppen bewahrt werden.

Zwenkau hatte im Jahre 1949 mit mehr als 12000 Einwohnern seinen absoluten „Bevölkerungsgipfel“ erreicht. Danach war die Entwicklung wieder rückläufig, woran auch der Status „Bergarbeiterstadt“ nichts grundsätzlich zu ändern vermochte. Aufgrund der sich in den 1980er Jahren immer stärker abzeichnenden Perspektivlosigkeit griff in der Bevölkerung eine Art „Endzeitstimmung“ um sich. Viele Menschen kehrten Zwenkau den Rücken - auch noch nach 1990. Nur wenig mehr als 7000 Einwohner waren hier verblieben, als mit dem demokratischen Neuaufbau begonnen wurde. Heute ist Zwenkau wieder eine aufstrebende, attraktive Stadt, die einschließlich der Ortsteile Löbschütz, Groß- und Kleindalzig, Zitzschen und Rüssen-Kleinstorkwitz wieder mehr als 9000 Einwohner hat.

An zwei Gewerbestandorten im Süden der Stadt siedelten sich seit 1992 etwa 50 mittelständische Unternehmen an und bieten heute nahezu 1500 Menschen Arbeit. Im Areal an der B2 befinden sich übrigens auch Start und Ziel des alljährlich stattfindenden Radsport-Großereignisses „neuseen-classics“.

Die Entstehung neuer Wohngebiete ("Am breiten Rain", „Zur alten Brauerei“, "Uferviertel" und in Imnitz) sind eine logische Folge dieser Entwicklung. Durch die Sanierung der Altbausubstanz im Stadtkern sowie die Neuerrichtung eines Wohn- und Geschäftskomplexes im Marktbereich hat die Stadt erheblich an Attraktivität gewonnen. Durch den Neubau von Kindertagesstätten, eines Altenpflegeheimes, eines Bettenbaus für das seit über 70 Jahren bestehende Krankenhaus (heute „Helios-Klinik“) und die sanierten Schulen und Kindertagesstätten hat sich die Lebensqualität in den zurückliegenden Jahren erheblich verbessert. Die Stadthalle, das seit 1972 bestehende (rekonstruierte) Waldbad und das aufwändig sanierte und gestaltete Schützenhaus (errichtet 1898) samt Vier-Feld-Tennishalle bieten neben den Wandermöglichkeiten im Eichholz und Imnitzer Park schon jetzt vielen Bürgern und Gästen ein vielseitiges Angebot zur Erholung und Freizeitgestaltung.

Zwenkau hat sich nicht zuletzt auch durch sein entwickeltes, weit gefächertes Vereinswesen einen Namen gemacht. Alljährlich findet im Sommer das „Laurentius-Fest“ (L. = Heiliger, Zwenkaus Stadtpatron) statt, das von den Vereinen im Zusammenwirken mit der Stadtverwaltung getragen wird.

Bei Stadtrundgängen ist es unumgänglich, auch einige besondere kulturell-künstlerische Leistungen der Vergangenheit zu würdigen:

International bekannt sind die von den Bauhauskünstlern Adolph Rading und Oskar Schlemmer um 1930 geschaffene „Villa Rabe“ und die dem „Neuen Bauen“ verpflichteten Bauten des Bauhaus-Architekten Thilo Schoder (Krankenhaus, Wohnzeile Goethestrasse).

Ein Baudenkmal von überregionaler Bedeutung ist der mehr als 500 Jahre alte „Sattelhof“ mit seiner bemerkenswerten Fachwerk-Architektur und der 2008 auf den Hof umgesetzten Scheune aus dem devastierten Ort Heuersdorf.

Die Stadtkirche St.Laurentius (geweiht 1727) beeindruckt durch ihre schlichte barocke Gestalt und schöne Ausstattung.

In Zwenkau wirkten weitere verdienstvolle Persönlichkeiten. Zu ihnen gehörte der Architekt und Baumeister Clemens Thieme, der hier intensiv an den Plänen für das Leipziger Völkerschlachtdenkmal arbeitete.

Der 1841 in unserer Stadt geborene Adolf Ferdinand Weinhold (gest.1917 in Chemnitz) hatte bereits 1873 ein Vakuum-Doppelmantelgefäß entwickelt und gilt als der eigentliche Erfinder der heutigen Thermosflasche. Er hat sich aber auch um die technische Fach- und Hochschulausbildung, die Elektrifizierung Sachsens, überhaupt um die Durchsetzung des wissenschaftlichen und technischen Fortschritts große Verdienste erworben. Er gilt gewissermaßen als „Altmeister der Experimentalphysik“ und als „Nestor der Elektrotechnik“. Nach ihm wurden die „Weinhold-Arkaden“ (im Juli 1997 fertiggestellter Neubau) benannt.

Ebenfalls in Zwenkau geboren wurde Hans-Hendrik Grimmling - ein bedeutender Maler der Gegenwart.

Bis Mitte des vorigen Jahrhunderts war Zwenkau von umfangreichen Waldungen, wie der Harth und dem Eichholz, umgeben und somit für viele Erholung Suchende, vor allem auch aus Leipzig, ein beliebtes Ausflugsziel.

Zwenkau-Nord, mehrere umliegende Ortschaften, große land- und forstwirtschaftlich genutzte Flächen fielen dann dem bis 1999 betriebenen Braunkohlentagebau zum Opfer. Erhalten blieb lediglich das heute noch etwa 150 ha große „Eichholz“ als Rest des Elster-Auewaldes - nun ein Teil der im Entstehen begriffenen neuen Wald- und Seenlandschaft. Durch die Flutung des Tagebau-Restloches wird der „Zwenkauer See“ mit einer Wasserfläche von fast 1000 ha zum größten Gewässer im „Neuseenland“ südlich von Leipzig. Schon heute können Besucher bei einer Fahrt mit dem Fahrgastschiff „Santa Barbara“ den beeindruckenden Landschaftswandel mitverfolgen.
Am „KAP Zwenkau“ soll in den nächsten Jahren ein großes, attraktiv gestaltetes maritim-touristisches Zentrum mit Wohn- und Naherholungsfunktionen, mit 2 Hafenanlagen, Hotels, Campingplätzen, Badestränden u.v.a. entstehen.

Was noch vor 20 Jahren eine Utopie schien, wird nun in naher Zukunft Wirklichkeit:

Das „Seebad Zwenkau“
Text und Gestaltung: Dietrich Wünschmann und Rainer Löscher
Bilder: Chronikalische Sammlung der Stadt Zwenkau (1 - 4), Seebad Zwenkau GmbH (5)
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